Leitzins – historische Erhöhung des Euros

Leitzins - historische Erhöhung des Euros

Leitzins – historische Erhöhung des Euros

Die Europäische Zentralbank hat den Leitzins in der gesamten Eurozone um eine Rekordspanne angehoben, um die rasant steigende Inflation zu bekämpfen, die in einigen der 19 Mitgliedsländer des Währungsblocks zweistellige Werte erreicht hat.

Erhöhung des Leitzins wurde erwartet

Die Europäische Zentralbank (EZB) kündigte am Donnerstag den 08.09.2022 eine Zinserhöhung um 75 Basispunkte auf 0,75 % des Leitzinses für Einlagen an. Geschäftsbanken müssen sich ab jetzt frisches Geld bei der EZB für 1,25 Prozent leihen. Für Privatpersonen sollten die Negativzinsen auf dem Girokonto damit endgültig vorbei sein. Die Zentralbank, die die Geldpolitik für die 19 Euro-Länder festlegt, hatte die Zinsen seit 2014 im negativen Bereich gehalten, um die Ausgaben anzukurbeln und die niedrige Inflation zu bekämpfen. Die EZB korrigierte ihre Inflationserwartungen nach oben und rechnet nun mit durchschnittlich 8,1% im Jahr 2022, 5,5% im Jahr 2023 und 2,3% im Jahr 2024.

„Dieser wichtige Schritt beschleunigt den Übergang von dem derzeitigen sehr akkommodierenden Niveau des Leitzins zu einem Niveau, das die rechtzeitige Rückkehr der Inflation zum mittelfristigen Ziel der EZB von 2 % gewährleistet“, erklärte Christine Lagarde, die Präsidentin der EZB in einer Erklärung. Die Zentralbank fügte hinzu, dass sie „mit weiteren Zinserhöhungen rechnet, da die Inflation nach wie vor viel zu hoch ist und wahrscheinlich für einen längeren Zeitraum über dem Zielwert liegen wird.“

Die Märkte hatten eine Anhebung um 75 Basispunkte weitgehend eingepreist. „Die Erhöhung des Leitzins kam nicht sehr überraschend. Die EZB bleibt ihrer starken Linie treu, hält ihre Versprechen und beugt sich nicht den Druck internationaler Banken.“, sagte Ingo Linn, Vorstand bei Euro-Finanz-Service Vermittlungs AG (EFS AG). Der Euro blieb gegenüber dem britischen Pfund unverändert und gegenüber dem Dollar stieg er wieder leicht auf 1,0005 an. Am Montag war der Euro zum ersten Mal seit 20 Jahren unter 99 Cent gesunken.

Stärkste Erhöhung seit Einführung des Euros

Der Schritt der EZB folgt auf die letzte Anhebung des Leitzins von -0,5 Prozent auf Null auf ihrer Juli-Sitzung. Die Zentralbank, die die Geldpolitik für die 19 Euro-Länder festlegt, hatte die Zinsen seit 2014 im negativen Bereich gehalten, um die Ausgaben anzukurbeln und die niedrige Inflation zu bekämpfen. Jetzt steht sie vor einem ganz anderen Problem, denn die Verbraucherpreise in der Eurozone sind im August um 9,1 % gestiegen und haben damit zum neunten Mal in Folge einen Rekord aufgestellt.

Die Inflation wird durch die explodierenden Energiepreise angeheizt, die seit dem Einmarsch Russlands in der Ukraine im Februar sprunghaft angestiegen sind. Preiserhöhungen sind auch in Bereichen wie Lebensmittel, Kleidung, Autos, Haushaltsgeräte und Dienstleistungen zu verzeichnen. Faktoren wie anhaltende Probleme in der Lieferkette und die Auswirkungen der jüngsten Hitzewellen haben zum Preisanstieg beigetragen. Spekulationen um eine Rezession im Euroraum werden immer stärker. Die gewaltigen Wetten der Hedgefonds gegen Europa nehmen zu.

Der Wechselkurs von Euro zu Dollar hält die Parität nach Erhöhung des Leitzins

Der Wechselkurs von Euro zu Dollar hält die Parität nach Erhöhung des Leitzins

Rezession und Privatinsolvenzen in Europa

Das Bruttoinlandsprodukt in der Eurozone ist im zweiten Quartal um 0,8 % gestiegen, doch viele Analysten halten eine Rezession in der Eurozone in den kommenden Monaten für nahezu unvermeidlich, da die Kaufkraft der Verbraucher eingeschränkt ist und die Unternehmen Mühe haben, die höheren Kosten weiterzugeben. Eine weitere Erhöhung des Leitzins ist sehr wahrscheinlich. Die Bundesregierung hat bereits das dritte Entlastungspaket über 65 Milliarden Euro für die eigenen Bevölkerung verabschiedet und unterstützt noch zusätzlich zahlreiche europäische Verbündete.

Die Privatinsolvenzen sind während der Corona Pandemie wieder kräftig gestiegen und könnten neue Rekorde mit der kommenden Energiekrise erreichen. „Während wir zu dem Schluss kommen, dass Energie die Hauptinflationsquelle ist, zusammen mit dem Anstieg der Lebensmittel, haben wir auch eine Inflation, die sich über eine Reihe von Produkten und Dienstleistungen ausbreitet, wo die Nachfrage eine Rolle spielt“, sagte die EZB Chefin.

Der paneuropäische Stoxx Europe 600 sank nach der Ankündigung um 0,42 %, nachdem er am Morgen noch im grünen Bereich gelegen hatte. Das Negativszenario, das Risiken wie die vollständige Unterbrechung der russischen Energielieferungen an den Rest Europas und Rationierungen berücksichtigt, sieht ein Wachstum von 2,9 % im Jahr 2022, einen Rückgang von 0,9 % im Jahr 2023 und ein Wachstum von 1,9 % im Jahr 2024 vor. Ein klares Ziel, wann die Erhöhungen des Leitzins stoppen sollen, wurde noch nicht bekannt gegeben.

(TB)